... meine Rezensionen

Abriss [Kindle Edition]

von Blum

 

Klappentext / Kurzbeschreibung

Abriss – was wäre wenn wir in der Lage wären alle unangenehmen Momente unseres Lebens zu überspringen? Wie weit würden wir gehen? In dieser Kurzgeschichte streift ein Mensch das Grauen der Unterwelt und trifft seine Entscheidung wie er damit umgeht.

 

 

Inhalt und Umsetzung

Die Geschichte beginnt ... wie kann man es am Besten in einem Wort zusammenfassen? ... dumpf. Ja, dumpf passt ganz gut, denke ich.

Der Protagonist erwartet den Einzug einer neuen Bewohnerin eines Mehrparteien-Mietshauses. Währenddessen schweifen seine Gedanken ab. Wandern über den Hausmeister (den er nicht sonderlich leiden kann), über den Nachbarn Anzinger (dessen Sachen rausgeschafft wurden), über seinen Kumpel Jürgen (der auf Horrorfilme steht) bis zu seiner Beziehung Moni (die angeblich schwanger ist).

 

Die Erzählung ist in der ersten Person Singular im Präsens gehalten - trotzdem fühle ich mich als Leser irgendwie ausgegrenzt. Ich kann keine Nähe aufbauen. Der Protagonist scheint - wie schon Eingangs erwähnt - dumpf.

 

Orthographie, Interpunktion und Grammatik sind soweit stimmig.

Der Autor nutzt kurze, abgehakte Satze, lässt den Protagonisten in seinen Gedanken springen und verwendet auffällig inflationär Kursivschrift.

"[...] und beinahe hätten wir es noch mal getan, als sie sagte, sie wolle dass ich ihr ein Kind der Liebe mache. Später hat sie zuerst gesagt, das wäre nur scheiß gewesen, [...]"

Ich für meinen Fall kann häufigem Kursivsatz nicht viel abgewinnen. Wenn ich Worte lese, die auf diese Weise hervorgehoben wurden, dann ist es als würde meine Lesestimme "schreien" - nach Lektüre dieser Kurzgeschichte bin ich quasi innerlich halb taub geworden ;o)

Ich habe mit dem Gedanken gespielt, dass die kursiven Wörter einen Sinn verfolgen könnten - also habe ich sie hintereinander weg gelesen. Aber was soll ich sagen?

"Neue rein Doors extrem kleine Wichser AB verdammte gemacht drauf getan mache scheiß achtzehn" usw. ist irgendwie sinnlos. :-P

Vielleicht mag mich der Autor ja darüber aufklären, was die Hervorhebung sollte?

Komplett kursiv geschriebene Sätze hingegen ergeben in ihrer besonderen Betonung durchaus einen Sinn (den ich an dieser Stelle nicht verraten werde, da ich auf SPOILER verzichten möchte).

 

Das Layout nutzt einen Blocksatz. Die einzelnen Absätze sind mitunter etwas lang gewählt, so dass ich es manchmal anstrengend fand, mich im Text zurecht zu finden. (Was ohnehin schon nicht besonders einfach ist.)

 

Auf wörtliche Rede wird weitestgehend verzichtet - was dazu führt, dass das Geschehen noch diffuser und vager wirkt. Alles in Allem ist der Text schwer zu verfolgen.

 

Ab 40 % gibt es einen ersten deutlichen Hinweis darauf, was mit dem Protagonisten nicht stimmt - ich gebe zu, ich hätte ihn fast überlesen, da ich mich inzwischen aufs Querlesen verlegt habe. Das ist definitiv nicht das, was eine Kurzgeschichte verdient hat - aber es fällt mir zunehmend schwerer, mich durch die Gedanken des Protagonisten zu quälen.

Bei 68 % hat mich die Geschichte wieder zurückgeholt. Ich lese jetzt aufmerksam. Gleite in den Kopf des Protagonisten. Finde seine Denke inzwischen mitreißend. Und gleichzeitig verstörend. Ich imitiere den Stil des Autors, während ich meine Rezension verfasse. Interessanter Effekt.

 

Spaß beiseite: der Text ist durchweg schwer zu verfolgen. Der Protagonist ist ein dumpfer, kranker Charakter, der dem Leser die gleiche nebelartige Sicht der Dinge aufzwingt, unter der er selbst leidet.

Der Autor hat es geschafft, seine Intention umzusetzen, eine dissoziative Identitätsstörung durch seinen ich-Erzähler zu skizzieren. Ob diese Umsetzung glaubhaft ist? Nun, meiner Meinung nach entspricht sie dem Bild, das in der Öffentlichkeit vorherrscht. Aber ob sie der Realität entspricht? Wohl eher nicht, nein. Dennoch halte ich die Geschichte für eine ambitionierte, recht gut durchdachte Erzählung. Sofern man sich durch die ersten 30-40 % des Textes durchgehangelt hat. Denn die Persönlichkeitsstörung schlägt sich zunächst extrem subtil Bahn. Man muss sehr auf die Hinweise achten - was in meinen Augen schwer fällt, da die Nähe zum Protagonisten schlichtweg fehlt. Dazu kommt noch, dass ich ihn von Anfang an als unsympathisch empfunden habe. Das mag durchaus so beabsichtigt sein - führt aber dazu, dass mir ziemlich egal ist, was mit dem Protagonisten passiert. Und somit sind mir auch Jürgen, Moni und die Nachbarn herzlich egal.

 

Es bleibt eine Geschichte, deren Arbeit ich anerkenne. Aber sie gefällt mir nicht.

 

 

Fazit

Schwere Kost. Sehr schwere Kost.

 

 

Zusatz

Wer sich mal die Mühe macht und die aktuellen Rezensionen auf Amazon (Stand 25. Okt. 2012) für den Autoren "Blum" ansieht, wird feststellen, dass nahezu alle Bewertungen von den "üblichen Verdächtigen" vorgenommen wurden. Und diese haben zudem fast ausschließlich seine Romane bewertet. Ein Schelm, der System dahinter vermutet - oder ein Naivling, der Zufälle in Erwägung zieht. Nun ja. Was ich darüber denke? Sie können es sich sicherlich vorstellen ...

Ob mein Verdacht mit in meine Rezension geflossen ist? Nein. Aber ich erwähne es trotzdem gern :o)