Anmerkungen zur Rezensionspolitik einer bekannten Internet-Verkaufsplattform

Eigentlich wäre es nicht nötig, sich überhaupt dazu zu äußern

... bezeichnend genug, dass ich es dennoch tue

 

Sö.

Der Button ist gedückt.

Das Werk wird auf meine Kindle-"App" geladen.

Ich beginne zu lesen.

Ich freue mich - ich ärgere mich.

Mein Bedürfnis danach, meinen Senf zum gelesenen Werk zu verfassen, ist geweckt.

 

* Natürlich auch, um meiner Freude oder meinem Unmut Luft zu verschaffen.

* Natürlich auch, um eine gewisse Geltungssucht zu befriedigen. Denn sonst hätte ich meine Finger nicht über die Tastatur tanzen lassen - geschweige denn meine Ergüsse hochgeladen. Da kann ruhig jeder, der Rezensionen verfasst, etwas gänzlich anderes behaupten. Ich glaube das eh nicht. Hochladen eigener Texte setzt schlichtweg den Glauben voraus, dass irgendein (möglichst) fremder Mensch die Buchstabenanhäufung auch lesen wird.

* Natürlich auch, um dem Autoren eine Rückmeldung zu geben. Das ist mir ganz besonders bei Jungautoren eine Herzensangelegenheit.

 

Ich könnte es dabei belassen, meine Meinung auf meiner eigenen Homepage online zu stellen. Aber wissen Sie was? Es ist mir bewusst, dass sich die Wenigsten hierher verlaufen. Jedenfalls ungleich weniger als auf bekannteren Seiten ... wie zum Beispiel Amazon.

 

Alle dort von mir geposteten Rezensionen werden Sie auch hier finden. Umgekehrt gilt: nicht alles was es auf diese erlauchten Seiten geschafft hat, hat es auch auf die Seiten von Amazon geschafft.

 

Soweit so gut.

Und eigentlich kann ich mich auch nicht beschweren. Alle Rezensionen, die ich Amazon bisher angeboten habe, wurden übernommen. Manche brauchten einen zweiten Anlauf - aber damit kann ich gut leben. Manchmal vergreife ich mich im Tonfall. Ich bin schließlich auch nur ein Mensch. Wenn Amazons automatischen Filtern ein Kraftausdruck auffällt, dann fliegt die Rezension eben raus. Das ist legitim. Dann ersetze ich ihn entweder durch Sternchen, oder nehme den ganzen Satz komplett raus (diesen "Service" biete ich auf meiner Homepage übrigens nicht - alles, was Sie hier zu Lesen kriegen, ist gänzlich unzensiert).

 

Einigen meiner virtuellen Lesern auf "Fantasy Foren" dürfte bereits bekannt sein, dass ich mich zu Beginn meiner "Rezensienten-Karriere" auf Amazon darüber aufgeregt habe, dass ich zwei Tage warten musste, bis ich endlich etwas hochladen durfte. Zunächst musste ich meinen Account nämlich durch den Kauf eines beliebigen Produktes freischalten.

Junge, Junge, war ich angefressen!

Aber was soll ich sagen? Inzwischen bin ich froh darüber, dass der große Internet-Anbieter diese Bedingung eingeführt hat.

Haben Sie sich schon einmal die Mühe gemacht und sich die Rezensionen genau angesehen? Besonders diejenigen die entweder fünf oder nur einen Stern vergeben haben? Es ist sehr auffällig, dass sich in diesen beiden Kategorien sogenannte "Ein-Buch-Rezensienten" austoben.

Soll heißen: ein Rezensient schreibt eine Lobeshymne oder einen Verriss (meist ohne Begründung) und verschwindet danach für immer im virtuellen Nirvana.

Was soll man davon halten?

Ich für meinen Fall weiß jedenfalls ganz genau, was ich davon halte: das, liebe Leser meiner Internetseite, sind Fake-Rezensionen. Nichts weiter.

Da hat sich jemand dazu berufen gefühlt, das Werk eines befreundeten oder verhassten Autoren zu pushen oder zu "dissen".

Wo sind die Gründe für solch ein Verhalten?

Da kann ich nur mutmaßen:

 

* Der Rezensient ist ein Freund des Autors

* Der Rezensient ist der Autor selbst (was ich davon halte? Da greift gerade meine Selbst-Zensur, das sage ich Ihnen ...)

* Der Rezensient ist ein Konkurrent des Autors - also selbst ein Autor

* Der Rezensient kennt den Autoren im RL (= echten Leben) und kann ihn nicht leiden.

* Der Rezensient wird bezahlt.

 

Ja, verehrter Leser dieser Internetseite, es gibt Verlage oder Jungautoren, die einen kleinen (oder auch großen) Obolus für die Rezensionen springen lassen. (Dazu weiter unten noch ein paar Anmerkungen)

 

Was ist also von den Rezensionen auf Amazon zu halten?

Ich habe es mir angewöhnt, die Rezensionen genauestens durchzulesen. Rezensionen, die nicht mehr als die geforderten zwanzig Zeichen anbieten, halte ich von vorne herein für Murks.

Rezensionen, die von jemandem verfasst wurden, der sonst niemals in Erscheinung getreten ist, ignoriere ich.

 

Dann sind mir Rezensienten aufgefallen, die auffällig häufig positive Bewertungen abgeben (bei einer "Schlagzahl" von N > 10). Das ist sicherlich löblich - handelt es sich dabei offenbar um einen harmoniebedürftigen Mitmenschen. Die Kernaussage der einzelnen Rezensionen kann ich dann allerdings nicht ernst nehmen. Wer alles gut findet, der macht auch "Werbung" für Schund. Es ist statistisch nicht möglich, dass jemand nur gute Werke in die Finger bekommt.

 

Das gleiche Phänomen habe ich auch schon andersherum gesehen. Mein persönlicher Favorit (ich nennen keine Namen, sorry) hat gut und gern zwanzig Rezensionen geschrieben. Davon 18 mit einem Stern. Eine mit zwei Sternen und eine mit der vollen Punktzahl. Letztere war dem Kindle gewidmet. Diese Rezension hatte besagter Kritiker dann aber auch gleichzeitig dafür verwendet, seine Meinung zu den Indi-Produkten zu posten, die seiner Meinung nach inzwischen den Markt überschwemmen. Es darf geraten werden, wem die 18 schlechten Rezensionen gegolten haben. Kann ich nicht nachvollziehen. Wieso kauft sich besagter Kritiker die selbstverlegten Werke, wenn er sie ohnehin nicht leiden kann? Ein Schelm, der glaubt, dahinter stünde System.

 

Komme ich zu den Rezensionsbewertungen.

Amazon hat ein Ranking eingeführt. Und eine Funktion, mit der die Rezensionen fremder Kritiker beurteilt werden können. Nun ja. Prinzipiell keine schlechte Idee - auch wenn sie mich viel zu sehr an die "gefällt mir" - Buttons auf FB erinnern.

Was sind aber die Konsequenzen dieser Funktion?

Rezensienten, die es sich erhoffen, auf den vordersten Plätzen mitzumischen (Top 1000 und höher), denn dann kann es sein, dass sie Produkte kostenfrei testen dürfen, werden einen Teufel tun, ihre ehrliche Meinung zu posten. Sofern sie denn polarisieren würde.

Denn täten sie es, würden sie abgewatscht werden.

 

Nehmen wir ein Beispiel:

Angenommen jemand wie ich würde die Bis(s)-Reihe lesen. (Schöööön, würde ich aus Prinzip nicht). Angenommen dieser Mensch findet Bella und Edward doof. Schreibt das auch in seiner Rezension und läd diese hoch. Was glauben Sie was passiert? Richtig! Ein Hagel von "gefällt mir nicht" - Klicks würde hernieder prasseln.

Was macht also der Rezensient, der darauf bedacht ist, eines Tages ganz oben mitzumischen? Er hält die Finger still.

Was das für eine objektive Beurteilung eines Werkes bedeutet, brauche ich sicherlich nicht extra erwähnen.

 

Kommen wir zu den Indie-Produkten. Ich habe eine Schwäche für Indie-Produkte. Warum? Weil ich glaube, dass Jungautoren ihre Berechtigung haben. Und weil ich weiß, dass es sich große Verlage schlichtweg nicht leisten können ungewöhnliche Werke anzunehmen, die abseits des Mainstream stehen. So ungern es Jungautoren auch hören: ein Verlag ist eine gewinnorientierte Firma. Punkt. Aus. Basta. Und keine Firma wird sich dem Risko aussetzen etwas zu vermarkten, für das der besagte Markt einfach zu klein ist. So ist das Leben.

 

So.

Wenn ich mir also ein Indie-Produkt vornehme, dann beurteile ich es genauso objektiv wie jedes andere Buch auch. Entweder es gefällt mir, oder es gefällt mir nicht. In beiden Fällen liefere ich auch Begründungen. Naja, jedenfalls soweit es im Rahmen einer Rezension möglich ist.

Handelt es sich um eine lobende Rezension, dann kann ich damit rechnen, dass zumindest vom Autoren oder seinen Freunden "gefällt mir" gedrückt wird. Ist ja klar. Sehr viel mehr wird da aber in der Regel nicht "zu holen sein". Zu wenig Leser verlaufen sich auf die Seiten von Indie-Produkten. Die durchschnittlichen Absatzzahlen werden (vermutlich) um die hundert, bis zweihundert liegen. Bei Kostenlos-Aktionen könnte der Absatz noch mal um den Faktor zehn steigen.

Wage ich es aber zu schreiben: "ist Murks, weil ..." werde ich recht flott abgewatscht. Von wem kann ich mir natürlich denken. Ist ja auch legitim. Wer mag schon kritisiert werden? Schon gar nicht öffentlich.

 

Dann scheint es noch ein weiteres Phänomen zu geben.

Es ist mir einige Male aufgefallen, dass meine Rezensionen plötzlich mehrfach negativ bewertet wurden. Ein Blick auf die entsprechende Verkaufsseite hat dan ergeben, dass es genauso viele neue Rezensionen gegeben, wie es negative Bewertungen gehagelt hat. Wohl um die eigene Kritik nach oben zu pushen. Wow!

Was soll ich dazu sagen? Wohl besser nichts, was?

(Jaaa, zugegeben, jetzt könnte man argumentieren, dass die bisher bestehenden Rezensionen nicht hilfreich waren, denn sonst hätten sich besagte neu-Rezensienten nicht dazu berufen gefühlt, ebenfalls eine Beurteilung zu schrieben ...)

 

Was "gefällt mir nicht" bei mir auslöst.

Ich muss zugeben, dass mich das beim ersten Mal tatsächlich verletzt hatte. Denn es geht - meiner Meinung nach - darum zu beurteilen, ob die Rezension hilfreich war. Im Sinne von: man kann nachvollziehen, wieso der Rezensient das Werk für Murks hält. Vielleicht hat sie sogar bei der Entscheidung geholfen, das Produkt zu kaufen - oder eben nicht. Jedenfalls handhabe ich das so. Unabhängig davon, ob ich die Meinung des Kritikers teile - wenn die Rezension nachvollziehbar und begründet geschrieben ist (und mit etwas Glück sogar unterhaltsam), dann gibts von mir ein "Jo, war hilfreich".

Vielleicht bin ich aber auch zu naiv und naja ... was soll ich sagen? FB lässt nun einmal grüßen.

 

Welchen Schluss ich daraus ziehe?

Ich werde weiterhin meine Meinung posten - auch bei Amazon.

Und ich werde weiterhin versuchten, so objektiv zu bleiben wie irgendwie möglich.

(Und ja, ich weiß, dass jede Wahrheit subjektiv ist.)

 

 

Es grüßt Sie

 

Marina Clemmensen

 

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