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Haarige Indizien (Rotheburg-Kurz-Krimi)

von Monika Dieck

 

Klappentext / Kurzbeschreibung

"Langsam strich sie über die Klinge.
Nahm das Schwert von der Wand und wog es in ihren Händen.
„Layla“, drängte Wang Li-Jan, „das macht nur Probleme. Häng es wieder auf.“
Wenn er gewusst hätte, mit welchen Problemen sie in Wirklichkeit belastet war, hätte er über diese Situation gelacht. Sie hatte einen Menschen ermordet. Nicht gewollt. Aber bewusst. Weil er ihre Gefühle missbraucht hatte. Nicht mit ihrem Schwert, aber mit ihrer ganzen Überlebenskraft, über die sie sich selbst gewundert hatte.
Sie bereute es nicht.
Nein, sie würde es immer wieder tun.
Auch wenn es sie ihr Leben lang verfolgen würde.
Von ihrer Schuld getrieben, ging sie zum großen Wohnzimmerspiegel, positionierte sich und sah dem Schwert der Gerechtigkeit entgegen."

 

 

Inhalt und Umsetzung

Jaaa!, dachte ich vorhin, als ich auf meiner täglichen Amazon-Jagt war. Da ist es! Da ist die letzte Rotheburg-Kurzgeschichte, die mir noch fehlt.

Kein Witz! Das habe ich tatsächlich gedacht. Bisher habe ich alle Kurz-Krimis der Rotheburg gelesen. Zum einen weil ich noch immer nach der Atmosphäre aus "Leichen der Großstadt" suche, die mir damals so gefallen hat, und zum anderen, weil ich mir nach wie vor nicht sicher bin, wie die Geschichten denn nun zu nehmen sind. (vgl. entsprechende Rezensionen.)

 

Wäre ich in einem Forum unterwegs, würde ich jetzt schreiben: *wohligseufz*. Aber da bin ich ja nicht.

 

Das Handwerkliche vorweg: Orthographie, Interpunktion, Grammatik und Layout (Blocksatz) sind - wie gewohnt - erfreulich professionell.

Und da Autoren auch nur Menschen sind, gibt es selbstverständlich Kleinigkeiten zu bemängeln. So wurde auf 59 % ein Anführungszeichen vergessen. Auf der letzten Seite fehlt ein Zeilenumbruch vor dem Wechsel zu einem anderen Schauplatz.

Es wird die dritte Person Singular im Präteritum verwendet.

 

Schon nach Durchsicht der Kurzbeschreibung darf ich interessierten Lesern empfehlen, sich zuerst "LiebesLächeln" der Autorin durchzulesen. Diese Geschichte liegt offensichtlich zeitlich vor "Haarige Indizien".

 

Mal sehen, was in der Kurzgeschichte (sechs geschätzte Seiten, 79 Positionen) passiert:

Ich glaube, dass jemand stirbt. So ganz ist das nach dem ersten Absatz aber noch nicht klar.

Aber dafür bin ich mir nach dem folgenden Satz (der erste in der Geschichte) sicher: japp, die Kurz-Krimis der Rothenburg können nicht ernst gemeint sein.

"Wie tausend kleine Messerstiche fuhr Lena das Knarren der Tür durch die Lunge."

(an dieser Stelle: danke Frau Dieck, jetzt bin ich mir endlich sicher.)

 

Natürlich geht es um Layla von Rothenburg. Natürlich trägt sie ihren viktorianischen Kurzledermantel. Ich hätte es auch ehrlich vermisst, wenn dieses Kleidungsstück nicht aufgetaucht wäre.

"Was glaubst du?", fragte Hauptkommissarin Layla von Rotheburg ihren Kollegen und strich über das Leder ihres Kurzmantels, [...]"

Und auch die Vorliebe der Rothenburg für Perlen und Nieten wird (mehr oder weniger) geschickt von der Autorin eingeflochten:

"Aber die Vorstellung, dass sie mit ihrer perlenbesetzten Hose und dem passenden Nietenshirt ohne Zögern [...]"

 

Ach ja, und es wird natürlich erwähnt, dass die Rothenburg ein Cleverle ist:

"Durch ihren unbeugsamen Verstand hatte sie herausgefunden, dass [...]"

 

Es gibt zudem ein Wiederlesen mit Wang Li-Jan.

Und jetzt ist auch klar, dass die Frau mit dem Knarren in der Lunge nicht mehr unter den Lebenden weilt - dafür aber vollbusig ist ... äh ... war.

 

Selbstverständlich kommt auch Laylas Suche nach Erfüllung nicht zu kurz. Ausgelöst durch ein Schwert an der Wand der Toten, wandern ihre Gedanken fast schon zwingend zu folgender Überlegung:

"Oder ihre unerfüllte Sehnsucht nach Romantik, die sie im beruflichen Alltag konsequent unterdrückte."

Übrigens schreibt die gute Frau in ihrer Freizeit Gedichte. Ja, Gedichte.

Und kurz darauf wird deutlich (vgl. auch Kurzbeschreibung), dass es sinnvoll sein könnte, sich vor der Lektüre dieser Kürzstgeschichte "LiebesLächlen" durchzulesen.

 

Anschließend werden noch eben flott der Rechtsmediziner Zellern und seine Schwester Julia eingeführt. Wir sind also bei 59 % (knapp Seite vier) also schon bei fünf Personen. Ich seh schon: dies ist einer dieser überbevölkerten Geschichten der Autorin.

 

Und schon ist der Krimi wieder vorbei.

Ich muss Frau Dieck lassen, dass sie es schafft möglichst viele Personen und noch mehr Handlung auf sechs Seiten zu pressen. Das macht sie gewohnt routiniert.

 

Wie ich diesen Kurz-Krimi finde?

Tjoah. Finden? Ich suche noch den "Krimi" ;-)

 

Die Geschichte ist - wie auch schon "Schwarzer Tod" und "Chocolate Crime" - entschieden zu kurz, um auch nur einen Hauch von Spannung aufkommen zu lassen.

Interessierten Lesern empfehle ich, sich alle Kurz-Krimis herunterzuladen, damit sie wenigstens den eigenartigen Charme der Rothenburg erfassen können. Für sich allein ist "Haarige Indizien" einfach zu kurz. Ich würde der Autorin zudem eine chronologisch korrekte Anthologie vorschlagen.

 

Da ich die anderen Kurzgeschichten kenne, würde ich sagen, dass dieser "Krimi" etwas besser ist als "Schwarzer Tod" und "Chocolate Crime" - aber auch nur, weil ich endlich hinter das Geheimnis der Rothenburg gekommen bin.

 

 

Fazit

Überbevölkert aber (für mich) erhellend.