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Der Seelenbrecher

von Sebastian Fitzek

 

Klappentext

"Drei Frauen – alle jung, schön und lebenslustig – verschwinden spurlos. Nur eine Woche in den Fängen des Psychopathen, den die Presse den „Seelenbrecher“ nennt, genügt: Als die Frauen wieder auftauchen, sind sie psychisch gebrochen – wie lebendig in ihrem Körper begraben. Kurz vor Weihnachten wird der Seelenbrecher wieder aktiv, ausgerechnet in einer psychiatrischen Luxusklinik. Ärzte und Patienten müssen entsetzt feststellen, dass man den Täter unerkannt eingeliefert hat, kurz bevor die Klinik durch einen Schneesturm völlig von der Außenwelt abgeschnitten wurde. In der Nacht des Grauens, die nun folgt, zeigt der Seelenbrecher, dass es kein Entkommen gibt."

 

 

Inhalt und Umsetzung

Achtung! Achtung! Achtung!

Der Abschnitt Inhalt und Umsetzung ist voller Spoiler, die auf die überraschende Umsetzung des Romanes hinweisen. Wer ihn noch nicht gelesen hat, sollte tunlichst seine Finger von den gekennzeichneten Spoilern lassen!

Ich trage keine Verantwortung dafür, wenn Sie sich aus Neugier um ein einmaliges Erlebnis bringen lassen!

 

Ich habe mich dazu entschlossen in dieser Rezension nicht groß auf den Inhalt einzugehen. Denn dieser ist mir ehrlich gesagt nicht so sehr im Gedächtnis geblieben wie die Umsetzung des Romans.

 

Der Klappentext verrät es bereits: Fitzek bringt seine Protagonisten in eine einsame, von der Außenwelt abgeschnittene, psychiatrische Anstalt.

Das kommt dem einen oder anderen bekannt vor. Manchmal ist es statt einer Klappse ein Schiff, ein Gruselhaus, eine Raumstation.

 

Was also brachte mich dazu, für das Buch, das gerade mal 350 Seiten auf dem Buckel hat, Geld auf den Tresen des Buchhandels meines Vertrauens zu legen? Die Antwort ist einfach: der Autor war schuld. Nach „die Therapie“ bin ich von Fitzek angefixt. Und er enttäuscht mich auch dieses Mal nicht.

Er bettet seine eigentliche Geschichte in eine Rahmenhandlung ein. Ein Professor möchte ein Experiment an seinen Studenten vornehmen. Dazu präsentiert er ihnen Patientenakten von Opfern des Seelenbrechers. Mhm... das klingt doch stark nach dem Prinzip der „vierten Wand“.

 

Für diejenigen, denen das nichts sagt: die vierte Wand ist die Wand, die den Zuschauer vom Geschehen trennt. Früher war das häufig die Bühnenkante der Theater. Heute ist es die Mattscheibe des Fernsehens. Oder die Seiten eines Buches. Meistens sind die Fronten geklärt. Manchmal jedoch nicht. Manchmal verwischen sie. Die vierte Wand wird durchbrochen. Beispiel gefällig? Die Mörder in „Funny Games“ reden mit dem Zuschauer und blinzeln ihm zu. Bastian in der Unendlichen Geschichte liest zunächst die Geschichte Atrèjus und wird später von uns „gelesen“.

 

Fitzek treibt es hier jedoch auf die Spitze:

Das Buch fängt mit einer quälenden Folterszene einer jungen Frau an. Macht einen Schwenk auf eine Gruppe Polizisten. Lässt den Leser verstehen, dass die Folterung nicht körperlicher Art gewesen ist. Sondern schlimmer. Ende Kapitel eins.

Anfang Kapitel zwei:

Und meine Damen und Herren, was sagen sie zu dieser Einführung? Die Frau wacht aus einem Alptraum auf und befindet sich sofort im nächsten. Interessant, oder?“

Die Anführungszeichen habe ich am Anfang des Satzes übrigens nicht vergessen. Sie sind auch im Buch nicht da. Vordergründig spricht ein Protagonist. Hintergründig wird es Fitzek selbst sein, der seiner Leserschaft das Gefühl vermitteln will, bei einem voyeuristischem Akt ertappt worden zu sein.

 

(ACHTUNG! DIeser Abschnitt enthält SPOILER!)

Gehen wir einige Seiten weiter: Der Protagonist hat sich in der Zwischenzeit als der oben genannte Professor entpuppt und konfrontiert seine Studenten mit der Quelle seiner Patientenakten: "Der Seelenbrecher stand in roten Lettern auf dem grünlichen Einband. Darüber zog das schemenhafte Bild eines Mannes die Aufmerksamkeit auf sich, der durch einen nebelartigen Schneesturm in ein dunkles Gebäude zu flüchten schien."

Es darf geraten werden, wie die Umschlaggestaltung ausgefallen ist.

 

Fitzeks Roman hat es übrigens geschafft, dass dies mein erstes und einziges Mal war, dass ich einen Roman erschrocken, entsetzt, mit Gänsehaut überzogen in die nächstbeste Ecke geschleudert habe. Denn er hat verdammt noch eins die vierte Wand zerschmettert!

 

(ACHTUNG! Dieser Abschnitt enthält SPOILER!)

Falls mal jemand Lust dazu verspürt: geht in die nächstbeste Buchhandlung und schlagt Seite 346 des Taschenbuchs auf. Ich frage mich, wie viel Arbeit diese Kleinigkeit für hunderte Studenten gewesen sein muss... wirklich eine nette Idee. Die schlägt meiner Meinung nach ein wie eine Bombe.

 

 

Fazit

Das Buch kaufen, Fenster und Türen schließen, Telefon und Handy auf leise stellen.

Großartig!