... meine Rezensionen

"Den Teufel am Hals"

von Stefan M. Fischer

 

Klappentext

Seitdem Sebastian als Teenager einen Dämon beschworen und damit ein tödliches Unglück ausgelöst hat, wird er von Halluzinationen geplagt. Eines Morgens muss er in der Zeitung lesen, dass er unter Mordanklage steht. Beim Durchblättern der Zeitung ist der Bericht dann aber nicht mehr auffindbar. Spielen ihm seine Sinne erneut einen Streich? Bald darauf stellt er fest, dass er in die Zukunft blicken kann.

 

 

Inhalt und Umsetzung

Herr Fischer eröffnet seinen Roman mit einer Swingerclub-Szene zwischen Menschen und Monstern. Die Sprache, die der Autor hier verwendet, ist (wie bei allen Szenen dieser Art) zwar deutlich aber nicht zu deftig gewählt, so dass sich selbst zart besaitete Gemüter davon nicht gestört fühlen dürften.

Wie auch schon der Leseprobe (Kindle-Version, Amazon) zu entnehmen ist, handelt es sich bei der einführenden Szene um einen Albtraum des Protagonisten Sebastian Koller. Er führt den Traum auf seine Beziehung zu Linda zurück, die eher ungewöhnliche Liebesspiele bevorzugt - ein Umstand, der sich noch ein paar Mal in der Novelle niederschlägt und auch zur Handlung beiträgt.

Noch während Sebastian den Albtraum abschüttelt, hat er eine Halluzination von einer dunklen Gestalt. Er selbst scheint solche Vorgänge allerdings bereits gewohnt zu sein und eine gewisse Routine entwickelt zu haben - quitiert er sie nach dem ersten Schrecken doch damit, zunächst Medikamente zu schlucken und sich dann vom TV wieder ins Land der Träume schicken zu lassen.

Am nächsten Morgen nimmt er eine ausgewogene Malzeit zu sich (Kippchen und Käffchen), während er in seiner Morgenzeitung blättert. Dort steht, dass es einen Mord gegeben hat - und er der Hauptverdächtige ist ...

 

Der Autor reichert seinen Roman mit einigen recht skurillen Charaktären an, welche ungefähr in ihren späten Zwanzigern anzusiedeln sind:

Da wäre zunächst Linda zu nennen, die sich nicht fest binden möchte, aber dem ein oder anderen sexuellen Abenteuer nicht abgeneigt ist.

Dann gibt es den besten Freund des Protagonsten, Maurice, der sich auf sein ersters Engagement als Schauspieler (neben wahren Filmgrößen, die auch namentlich genannt werden) freuen darf.

Und dann gibts noch Sebastians neue Arbeitskollegin, Melissa, die (für meinen Geschmack) ein wenig zu nachsichtig mit Sebastian umgeht.

 

Zu erwähnen wäre auch Felix - den dauer-genervten, ulkig gekleideten Nachbarn mit der ausgeprägten Liebe zum Schlager. Sein musikalisches Hobby bleibt zumindest Sebastian nicht verborgen, weil Felix seine Anlage unverschämt häufig auf volle Leistung dreht.

Und auch Sebastians Mutter und Onkel finden Erwähnung.

 

Alle Charaktere sind in sich stimmig und sympathisch (nun, vielleicht abgesehen von Felix) und handeln weitestgehend (vlg. nächster Absatz) nachvollziehbar. Die Handlung empfinde ich als rund und spannend. Es gibt immer wieder Twists, die den Leser dazu ermuntern, seine bisher gezogenen Schlüsse zu revidieren. Das Ende der Novelle ist zudem überraschend.

 

Zwei Dinge, die mich etwas irritierten (ACHTUNG! Absatz könnte SPOILERN!):

Die Mutter wird offenbar von ihren Nöten getrieben, sonst hätte sie wahrscheinlich die Bitte ihres Sohnes abgeschlagen. Nun, Menschen machen eigenartige Dinge, wenn sie unter Stress stehen - wieso also nicht auch sie?

Sebastian scheint mir insgesamt recht offenherzig mit seinen Halluzinationen (und später auch Visionen) umzugehen. Mich hat überrascht, dass seine Freunde und Bekannte darauf zudem eher lässig reagieren. Das ist ist mir in dieser Form bisher in keinem Roman untergekommen. Ich sehe es allerdings als innovativen Ansatz - erspart es dem Leser doch ellenlange Erkärungen Seitens des Protagonisten. So konnte die Geschichte schnell vorangetrieben werden.

 

Was mich zum Schreibstil bringt:

Verwendet wurde die dritte Person Singular im Präteritum. Normalerweise ziehe ich die ich-Perspektive vor, aber in dieser Erzählung war die Wahl der dritten Person klug gewählt, denn ab und zu lässt uns der Autor die Geschichte auch aus Lindas Sicht erleben.

Der Autor hat einen, aus meiner Sicht, feinen Sinn für Humor. Bereits auf Seite sechs wurde ich durch die Information zum Schmunzeln gebracht, dass der sich Protagonist durch den Genuss einer bekannten Doku-Soap erhofft, wieder einschlafen zu können. Überhaupt fällt auf, dass sich Herr Fischer die Mühe gemacht hat, hier und dort real exisiterende Persönlichkeiten, Songs, Ereignisse und auch Produkte einfließen zu lassen. Ein Kunstgriff, der mir zum Beispiel schon bei Stephen King gefallen hat, und der es ermöglicht, eine gewisse Normalität zu vermitteln. Gelegentlich mag es der Autor damit übertrieben haben - aber das fällt ganz gewiss unter die Rubrik Geschmackssache.

Der Schreibstil ist insgesamt flüssig. Manchmal fällt der Autor in einen saloppen Sprachgebrauch ("bedröppelt schaun", "Gedanken rollen lassen"), der selten (wirklich selten) auch die Grenze zu so genannten Stilblüten überschreitet: "Die Sonne war am Untergehen."

Manchmal hätte ich mir gewünscht, dass entscheidene Szenen etwas homogener herausgearbeitet worden wären: So fanden die erste Halluzination und die Szene mit der Zeitung lediglich in drei, vier Sätzen Erwähnung, während andere Ereignisse durch ganze Abschnitten eingeführt wurden. Aber auch hier gilt ganz klar: Geschmackssache.

Der Autor hätte mir an einigen Stellen große Freude damit gemacht, wenn er etwas mehr gezeigt, denn erzählt hätte ("Das mochte er so sehr an Maurice, er konnte ihn immer zum Lachen bringen"). Ich denke, dann hätte das Werk noch etwas mehr an Lebendigkeit gewonnen.

Abschließend ist zu sagen, dass man dem Buch anmerkt, dass es sorgsam lektoriert wurde. Orthographie, Grammatik und Interpunktion sind bis auf ein, zwei Kleinigkeiten erfreulich stimmig. (Leider eine Seltenheit bei selbstverlegten Werken)

 

Zum Schluss noch eine Bemerkung zur broschierten Ausgabe:

Ja, es scheint auf den ersten Blick abschreckend, dass für knapp 85 Seiten ein Preis von fast sieben Euro verlangt wird. Allerdings möchte ich einräumen, dass das Layout offenbar so gewählt wurde, dass die Seitenzahl geringer scheint, als sie tatsächlich ist. Würde es sich um Normseiten handeln, würde der Roman wohl auf die doppelte Seitenzahl ansteigen. Es sollte nicht vergessen werden, dass dieses Werk im Kleinstverlag erschienen ist und jede zusätzlich gedruckte Seite zusätzliche Kosten verursachen würde - welche auf den Leser (also den Kunden) umgelegt werden müssten, um einem Verlustgeschäft aus dem Weg zu gehen.

 

 

Fazit

Der Roman ist genau das Richtige, um es sich für einen Abend mit einer Kuscheldecke und einem Becher heißen Kakaos auf der Couch gemütlich zu machen. (Oder mit ner Pulle Bier und ohne Kuscheldecke - wenn man denn dem "starken" Geschlecht angehörig ist.)