... meine Rezensionen

Liebe MITmenschen! - Eine Alltagssatire [Kindle Edition]

von Bianca Peiler

 

Klappentext / Kurzbeschreibung

ACHTUNG, BISSIG!
Muss das denn sein?
Das ganze Jahr über rennt man ignorant und egozentrisch durch die Gegend, um dann an Weihnachten hundert Euro nach Afrika zu spenden, sich selbstzufrieden zurückzulehnen, die letzten Bratenreste aus dem Backenzahn zu pulen und mit einem kräftigen Schluck Wein nachzuspülen, und sich selbst auf die Schulter zu klopfen ob seiner unglaublichen Großzügigkeit. Ist es denn so schwer, auch in seinem Alltag ein wenig mehr aufeinander aufzupassen, und zu helfen, wo eine helfende Hand gebraucht wird?
Wer hat sich nicht schon so richtig über die Ignoranz und Unhöflichkeit des Nachbarn oder des obercoolen "Diggen" im Bus aufgeregt?
Die Autorin lässt in sechs Briefen an die lieben Mitmenschen mal so richtig Dampf ab. Ein sarkastisches Pamphlet und zugleich ein Appell an etwas mehr Menschlichkeit und Rücksichtnahme im Alltag.

 

 

Inhalt und Umsetzung

Ja, ja, die Satire ...

... ein weites Feld, das viele Nuancen in sich vereint:

Mal zu seicht, mal viel zu harmlos, mal bei Weitem zu zurückhaltend.

Mal zu böse, mal viel zu zynisch, mal bei Weitem zu verbittert.

Und manchmal, ganz selten "genau richtig".

 

Frau Peil hat zumindest mein Verständnis von (Alltags)satire voll und ganz getroffen.

 

Sie spricht ihre MITmenschen in sechs, locker miteinander verwobenen Briefen sehr direkt und sehr deutlich an:

Sei es den Sitzplatzabzocker im Bus ("Liebe Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel!"), sei es den Hunde(v)erzieher in der Nachbarschaft ("Liebe Hundebesitzer!"), seien es die kinderlosen der Spezies Homo sapiens ("Lieber Kinderhasser!"), seien es die chronischen Hilfeverweigerer ("Liebe Egozentriker!"), seien es die Sprachkünstler im Teenageralter ("Liebe Digger-Alders!"), oder seien es die (fehlerbehafteten) Otto-Normal-Verbraucher ("Liebe Mitmenschen!").

 

Ob ich der von Frau Peiler anvisierten (lesenden) Zielgruppe entspreche?

Oh, ich hoffe doch! ;o)

Nun, ich fahre häufig mit dem Bus (und freue mich diebisch darüber, wenn ich einen Platz ergattert habe), ich kenne Hundebesitzer (ich bin die Tochter eines solchen MITmenschlichen Exemplares), ich habe keine Kinder (und ja, obwohl sie prinzipiell meine instinktive Antwort aufs Kindchenschema unkontrolliert losfeuern lassen, gehen die mir auch manchmal schrecklichst auf die Nerven. Vielleicht habe ich deshalb keine?!?), und ja, mein "ich" bildet das Zentrum meiner eigenen, kleinen Welt (aber jetzt mal ehrlich: das "ich" ist immer das Zentrum des eigenen Universums ... etwas anderes lässt das von der Evolution spendierte Gehirn gar nicht zu. Aber da werde ich wohl gerade recht philophisch ...) - was mich glücklicherweise nicht (immer) davon abhält, meinen Mitmenschen helfend und unterstützend unter die Arme zu greifen. Ich bin leider (oder zum Glück?) kein Teenager mehr - aber dafür ein Mitmensch (mit allen Vorzügen und allen Fehlern, die ein solcher nun einmal hat).

 

Oh, nicht dass es zu Missverständnissen kommt: Frau Peils Texte sind erfrischend böse und mit unglaublich viel Witz versetzt. Herrlich, wie sie sich über die Ignoranten des Alltags auslässt - aber steckt in uns allen nicht auch ein kleiner ignoranter Wicht, der zum Beispiel im Bus, vor allem um das Wohl seines eigenen Hinterns besorgt ist?

Zeit, dass wir uns alle mal wieder an die eigene Nase fassen ...

 

Weil es sich um ein Kindle-Produkt handelt, habe ich - trotz vor Lachen tränender Augen - auf Orthographie, Interpunktion und Grammatik geachtet. Bis auf Kleinigkeiten ist kaum etwas zu beanstanden. Gewählt wurde der Blocksatz und eine Schriftart, die an Schreibmaschinen erinnert (kennt die eigentlich noch jemand?). Dann ist noch zu erwähnen, dass die Autorin einen Fable für Klammern und Schrägstriche hat (aber damit kann ich gut leben (diese Macke/diesen Fable/diese Vorliebe habe ich nämlich auch)).

 

Mein Tipp, weil gerade von guter Satire jeder seine eigene Vorstellung hat: Leseprobe runtersaugen und sich anfixen lassen ...

 

 

Fazit

Liebe Satirikerin!

Mein Zwerchfell und - ja, auch mein Gewissen - danken Ihnen für eine Stunde guter Unterhaltung.