Ehepaar

 

„So, mein Lieber“, sagt die Frau.

„Du glaubst es nicht – ich weiß’s genau.

Erwischt ich hab’ dich heute Nacht,

da bin ich nämlich aufgewacht!

Brauchst nicht glotzen wie ein Wicht.

Kannst mich führen hinters Licht?

Du scheinst zu denken, ich sei blöde,

ach, streit’ nichts ab, das wäre öde.

Den Mantel hast du eng umschlungen,

kaum war die Kirchenglock’ verklungen.

Heraus geschlichen hast du dich -

nein! Jetzt unterbrich mich nich’!

Verstecken spielen am Gemäuer,

in deinem Alter? Ungeheuer!

Umgesehen, hektisch blinzelnd

Erst rechtes Lid, dann links, stets wechselnd.

Eiligst hernach ums Eck gehastet.

Was hast du dich gewagt zu denken?

Einer Fremden dich zu schenken?

Deine Ehre?! Angetastet!“

 

„So lass mich doch,“ begehrt der Mann,

„erklären, wie es dazu kam.

Es führt zu nichts, wenn du so stierst,

mir ist bewusst, du nach Rache gierst,

doch erst, mein Weib, lass mich dir sagen,

dass ich mich kümmert’ um Geschäftsbelange,

ein Feld, in dem du nie zugange,

du siehst: gibt keinen Grund zu klagen.“

 

„Erdreiste dich, du Schuft!“, sie spricht,

„du lügst, es gibt kein’ Dienstbericht!“

 

Er seufzt, setzt neu zu reden an,

„das liegt daran, dass ich nicht kann,

dir geben, was ich nicht erhalten,

ich lass’ die Dinge doch verwalten.“

 

Zurückgelehnt, die Arme kreuzend,

verlangt sie – gleichermaßen seufzend:

„Erkläre, was du nachts getan,

ich komme sonst nicht gegen an,

das Misgefühl in meiner Brust

vergällt mir nämlich flink die Lust,

dir weiterhin Gehör zu schenken,

so nutze diese kurze Frist.

Dass du aus der Schlinge bist,

sollst du allerdings nicht denken!“

 

„Eingehüllt gegen beißende Kälte -

in dieser Nacht die Wärme zählte -

du erinnerst dich daran, mein Weib?

Erzittertest du nicht selbst am Leib,

als wir des abends eingemummelt,

als das Feuer hat gegrummelt?

Uns’re durchgefroren Finger verschlungen,

neblige Schwaden verließen die Lungen.

Kichernd saßen wir beide da,

und uns wurde plötzlich gewahr,

dass wir seit Jahren die Federn teilen,

kaum die Muße nehmen, in Ruhe zu verweilen,

um zu zelebrieren, was uns verbindet,

ohne, dass die Romantik entschwindet.

All das, kurz bevor ich dich verließ,

um zu tun, was dir so bös’ aufstieß.

Ich sehe, dass du wählst zu schweigen,

die Chance mir gewährst zu zeigen,

dass die Motive ehrbar waren.

Was hast du denn nun eigentlich

gesehen, dieses frag’ ich dich.

Du solltest noch den Rest erfahren.“

 

„So sag’ doch schon“, verlangt sie düster,

„denn deine Schlinge zieht sich fester.“

 

„Gesehen hast du, dass ich ging.

Vermutest ein gar krummes Ding.

Glaubst, ich schlich des Nachts heraus,

aus uns’rem recht behaglich’ Haus.

Nur, dich dreist zu hintergehen?

Da hilft kein Zittern und kein Flehen,

nehm’ ich an, dich zu belehren,

muss ich viel mehr aufbegehren.

Mir nicht bewusst, dass du mir folgtest,

und ’s offenbar nicht zum Ende konntest,

so zog ich denn nun ’raus ins Dunkel,

fror, fluchte, jammerte, klagte,

nicht eine Sekunde jedoch verzagte,

dir zu stehlen jenen Karfunkel.“

 

 

erstellt am 10.10.2018, hochgeladen am 18.12.2018

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