Über das Reifen eigener Werke

Eine Betrachtungsweise begründet auf eigener Erfahrung

Dieser Text richtet sich vor allem an Jungautoren und junge Leute, die die Feder schwingen

 

Wer hats noch nicht in Schreiberforen oder Büchern gelesen:
Ein gutes Werk muss reifen.
Es sollte für einige Zeit in der Schublade oder im *.doc vor sich hin stauben, ehe man wieder danach greift und es verbessert (oder verschlimmbessert - je nach dem).

Jut. Nun gehöre ich ... nee, Moment ... gehörte ich zu den eher ungeduldigen Menschen, welche die Evolution hat werden lassen.
Also habe ich als Jugendliche und junge Erwachsene geschrieben, was das Zeug hält. Immer wieder neue Ideen. Immer neue Ereignisse. Immer neue Konflikte. Immer neue Gefahren. Es existieren *.docs, die zusammengenommen um die 600 Seiten (12 Pt., einfacher Zeilenabstand, Times New Roman) füllen.

Angefangen hat alles (na, nicht alles, aber das, was nach wie vor in meinem Fokus liegt) vor nunmehr 18 Jahren (Stand: 2012) mit den roten Karo-Schulheften, die ich mit wachsender Begeisterung und Füllfederhalter zugeschrieben hatte. Elf an der Zahl. Nicht schlecht für nen Teenager, wie ich finde.

Dann gabs (bedingt durch’s Studium) eine längere Pause, die ab und an mal durch die eine oder andere schreibende Periode durchbrochen wurde.

Nunja. Dann habe ich mich vor zwei Jahren ernsthaft wieder mit den "Werken" befasst und seit dem bin ich am Ball geblieben.

Tjoah, was soll ich sagen?
Kennen Sie das Wort "Fremdschämen"? Das was mir beim ersten Lesen - nach Jahren - durch den Kopf ging, war eine extreme Form von "Eigenschämen" ^^
Nicht wegen der Geschichten an sich oder der Handlung. Die war soweit okay. Aber es haperte an allen anderen Ecken und Enden:
* Keine Gefühle --> keine Tiefe
* Handlung im Sekundentakt, ohne Pause
* exessive Nutzung von Superlativen (ich hatte eine Wolferl-Lese-Phase, die offenbar abgefärbt hatte. Schande auf mein Haupt.)
* Logik hatte ich der Action untergeordnet. (Ist doch klar: wenn ICH will, dass der Protagonist XY macht, dann hat der sich nicht mit Logik zu befassen ^^)

Daran gehörte dringendlich etwas geändert!

Also habe ich zweieierlei gemacht:

Die erste Geschichte wollte ich nicht allzusehr ändern, weil ich meinem jugendlichen "Ich" nicht zu sehr an den Karren fahren wollte.
Habe also
* die Orthographie verbessert (ich war mal Legastheniker - noch Fragen?)
* die Interpunktion soweit in den Griff bekommen, wie es mir möglich war
* Kapitel ergänzt
* Abschnitte gekürzt
* Versucht, fehlende Logik zu integrieren - oder gleich die Handlung des Protagonisten abgeändert.
* ... was man halt so macht, wenn man Korrektur liest.

Die Geschichten zwei und drei habe ich umgekrempelt.
* Bis auf die einleitenden Kapitel (die soweit okay waren und nur hier und dort Verbesserungen brauchten), habe ich alles neu geschrieben.

Alles! Radikal!
* bei Geschichte drei ging ich sogar soweit, dass ich aus zwei Seiten (TNR, 12p, einfach) 120 gemacht habe (TNR, 12p, eineinhalb). Und es funktioniert. Sehr viel besser als die ursprüngliche Version.


Was will ich mit dieser Selbstbeweihräucherung sagen?

Liebe Schreiberlinge, liebe Jungautoren, liebe Jugendliche:

Es lohnt sich, die Werke mal eine Weile (es muss ja nicht gleich ein Jahrzehnt sein) aus den Augen zu lassen (dran zu denken ist okay - das unterstützt den Reifungsprozess). Es lohnt sich - wenn ich die Ergebnisse Geschichte eins <-> Geschichte zwei und drei vergleiche - manchmal alles über Bord zu schmeißen und sich nur an der Erinnerung der Geschichte entlang zu hangeln.
Je größer der zeitliche Abstand, desto größer die eigene persönliche Entwicklung --> desto intensiver das Ergebnis.


Es grüßt Sie die philosphisch gestimmte

Marina Clemmensen

 

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